Positionspapier: Ressourceneffiziente Wald- und Holznutzung
Das Positionspapier von Timber Construction Europe schildert die aktuell schwierige Situation der europäischen Holzbaubranche und setzt demgegenüber Lösungen für eine ressourceneffiziente Wald- und Holznutzung zur Steigerung der globalen Klimaschutzwirkung.
Aktuelle Lage:
Die europäischen Zimmereien und Holzbauunternehmen sehen sich seit Anfang des Jahres 2021 in einem dramatisch anmutenden Spannungsfeld zwischen erhöhter Nachfrage in nahezu allen Holzbausektoren und einer unsicheren Versorgungslage mit Holzprodukten. Erschwerend hinzu kommt, dass die Preise im Laufe des Frühjahrs 2021 deutlich gestiegen sind – zum Teil auf das Doppelte. Der wesentliche Grund für diese Entwicklung sind gestiegene Überseeexporte der Roh- und Schnittware nach Nordamerika und Asien. Sie führen zu einer Verknappung auf den europäischen Märkten und wirken der angestrebten Klimaschutzwirkung, wie sie im Green Deal für Europa beschrieben wurde, gegenwärtig entschieden entgegen.
Während die Nachfrage nach einer nachhaltigen und klimaschonenden Bauweise in den vergangenen Jahren zugenommen hat und die Potenziale der ressourceneffizienten und flexiblen Holzbauweise von Politik und Gesellschaft erkannt wurden, verschärfte sich trotz des ausreichenden Ressourcenbestandes die globale Versorgungslage. Gründe hierfür sind klimabedingte Waldschäden, pandemiebedingte Marktschwankungen und begrenzte regionale Verarbeitungskapazitäten.
Umweltfaktoren und die Auswirkungen des Klimawandels führten in einigen Ländern Europas zu einem Überangebot an sogenanntem ‚Kalamitätsholz‘. Dieses Überangebot führte auf der einen Seite dazu, dass die Rohstoffpreise in den vergangenen Jahren gefallen sind, während auf der anderen Seite das schnittholz-produzierende Gewerbe aktuell von einer erhöhten Nachfrage in den Überseemärkten profitiert. Dies hat zur Folge, dass die Materialkosten auf dem europäischen Markt für die holzbauproduzierenden Unternehmen signifikant gestiegen sind. Das erschwert die Kalkulation aktueller Projekte für Zimmererbetriebe. Zusätzlich bremsen lange Lieferzeiten und Engpässe bei der Versorgung die Marktdynamik des europäischen Holzbaus. Dadurch wird der Klimaschutzbeitrag, zu dem die Holzbauweise in der Lage ist, signifikant geschmälert.
Der Klimaschutz stellt mittlerweile für die weltweite und insbesondere für die industrielle Gesellschaft in Europa eine der größten Herausforderungen dar. Dazu muss und kann der Bausektor und insbesondere der Holzbau einen wichtigen Beitrag leisten kann, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Dies schließt unter anderem kurze regionale Lieferwege und Wertschöpfungsketten mit ein.
Lösungen:
- Konsequente CO2-Besteuerung im Bausektor
Der Bausektor ist weltweit für ein Drittel der Treibhausemissionen verantwortlich. Die globale Erwärmung muss deutlich unter 2 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau beschränkt werden. Dazu ist es notwendig, Lieferwege und Herstellungsprozesse von Baumaterialien konsequent hinsichtlich ihrer CO2-Bilanz in die öffentlich-rechtliche Bewertung einzubeziehen und zu bepreisen. Die „Graue Energie“ darf nicht länger in der Bewertung von Gebäuden und Baumaterialien unberücksichtigt bleiben. Im Rahmen der Bauprodukten-verordnung muss als wesentliche Grundanforderung an Bauwerke BWR 7 die „Nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen“ für alle EU- Mitgliedstaaten mandatiert und systematisch ausgeführt werden.
- Bekenntnis zur forstwirtschaftlichen Nutzung der europäischen Wälder
Der Wald erfüllt viele Aufgaben. Er ist Erholungsgebiet, wichtiger Klimaschützer, Heimat für Tiere und Pflanzen und ein wichtiger Rohstofflieferant. Die nachhaltige Waldbewirtschaftung gewährleistet, dass der Wald diese vielfältigen ökologischen, sozialen und ökonomischen Leistungen dauerhaft gewährleistet. Die Rohstoffversorgung ist so langfristig gesichert. Auch in Zukunft soll der europäische Wald nachhaltig forstwirtschaftlich genutzt werden und den umweltfreundlichen Baustoff Holz liefern. Durch das Bauen mit Holz wird das Klimaschutzpotenzial der Bauwirtschaft erhöht. Wald und Holzbau können so gemeinsam als Kohlenstoffspeicher die Klimaschutzleistung deutlich steigern. Eine ressourceneffiziente Holznutzung muss sich ebenso an den langfristigen Bedürfnissen der heimischen Holzwirtschaft, wie auch an den gesellschaftlichen Erfordernissen des Naturschutzes orientieren. Gesetzliche Vorgaben und Regelungen für eine nachhaltige Forstwirtschaft müssen dabei umgesetzt werden.
- Ressourceneffiziente Nutzung des Rohstoffes Holz
Auch wenn aktuelle Holzbestände durch Umwelteinflüsse oder Insektenbefall gezeichnet sind, stellt das betroffene Holz keinen minderwertigen Rohstoff dar, sondern verfügt über nahezu identische Eigenschaften wie herkömmliches Bauholz. Das sogenannte Kalamitätsholz behält, unabhängig von äußeren Beeinträchtigungen, seine Tragfähigkeit und seine wichtige Funktion als CO2-Senke.
Grundsätzlich sollte aus ökologischer und klimapolitischer Sicht die stoffliche Verwertung von Holzbeständen der thermischen Verwertung vorgezogen werden. Das Potenzial der stofflichen Nutzung von Holz ist dabei noch nicht ansatzweise ausgeschöpft. Hierfür müssen die Rahmenbedingungen der Kaskadennutzung weiter verbessert werden, um die CO2-Speichereffekte und somit die Klimaschutzwirkung aufrecht zu erhalten.
- Förderung von nachhaltigen Nahversorgungsnetzwerken
Für einen effizienten Klimaschutzbeitrag ist eine direkte und regionale Rohstoffversorgung von großer Bedeutung. Eine stringente Wertschöpfungskette vom Wald über die Sägewerke zu den holzverarbeitenden Unternehmen mit kurzen Lieferketten ist in hohem Maße ökologisch. Dadurch wird der bestmögliche Klimaschutzeffekt erzielt, da lange Transportwege und somit CO2-Ausstoß vermieden werden. Gestärkt werden damit zudem die klein- und mittelständischen Wirtschaftsstrukturen in den europäischen Regionen. Dazu zählt der Aufbau von effizienten Kooperationsstrukturen und die Bildung und Förderung von Genossenschaften. So könnten stabile und faire Preise sowie eine zuverlässige Verfügbarkeit entlang der Wertschöpfungskette erreicht werden.
Gezeichnet durch das Präsidium von Timber Construction Europe
- Peter Aicher, Holzbau Deutschland- Bund Deutscher Zimmermeister
- Hansjörg Steiner, Holzbau Schweiz
- Sigfried Fritz, Holzbau Austria
- Hubert Gruber, lvh.apa
- Jean Schumacher, Holzbau Luxembourg
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Position Paper Resource efficient forest and wood use
Timber Construction Europe's position paper describes the current difficult situation of the European timber construction industry and, in contrast, sets solutions for resource-efficient forest and wood use to increase global climate change mitigation.
Current situation:
Since the beginning of 2021, European carpentry and timber construction companies have been facing a dramatic seeming tension between increased demand in almost all timber construction sectors and an uncertain supply situation of wood products. To make matters worse, prices have risen significantly over the course of spring 2021 - in some cases doubling. The main reason for this development is increased overseas exports of raw and sawn timber to North America and Asia. They are leading to a shortage on the European markets and are currently working decisively against the intended climate protection effect as described in the Green Deal for Europe.
While demand for sustainable and climate-friendly construction has increased in recent years and the potential of resource-efficient and flexible timber construction has been recognized by politicians and society, the global supply situation has worsened despite sufficient resource stocks. Reasons for this include climate-related forest damage, pandemic-related market fluctuations, and limited regional processing capacities.
Environmental factors and the effects of climate change led to an oversupply of so-called 'calamity wood' in some countries in Europe. On the one hand, this oversupply has caused raw material prices to fall in recent years, while on the other hand the sawnwood producing industry is currently benefiting from increased demand in overseas markets. As a result, material costs on the European market have risen significantly for lumber-producing companies. This makes it more difficult for carpentry companies to calculate current projects. In addition, long delivery times and supply bottlenecks are slowing down the market dynamics of European timber construction. This significantly diminishes the contribution to climate protection that timber construction is capable of making.
Climate protection is now one of the greatest challenges for the global and especially for the industrial society in Europe. The construction sector, and timber construction in particular, can and must make an important contribution to this if the framework conditions are right. This includes, among other things, short regional supply routes and value chains.
Solutions:
- Consistent CO2 taxation in the construction sector.
The construction sector is responsible for one-third of greenhouse emissions worldwide. Global warming must be limited to well below 2 degrees Celsius compared to pre-industrial levels. To this end, it is necessary to consistently include supply routes and manufacturing processes of building materials in terms of their CO2 footprint in the public-law assessment and to price them. The "gray energy" must no longer be disregarded in the assessment of buildings and building materials. Within the framework of the Construction Products Regulation, the "sustainable use of natural resources" must be mandated and systematically implemented for all EU member states as an essential basic requirement for buildings BWR 7.
- Commitment to the forestry use of European forests
The forest fulfills many functions. It is a recreational area, an important climate protector, a home for animals and plants, and an important supplier of raw materials. Sustainable forest management ensures that the forest provides these diverse ecological, social and economic services in the long term. The supply of raw materials is thus secured in the long term. In the future, too, Europe's forests will be used for sustainable forestry and will supply the environmentally friendly building material wood. Building with wood increases the climate protection potential of the construction industry. Together, forests and timber construction can thus significantly increase climate protection performance as carbon reservoirs. A resource-efficient use of wood must be oriented to the long-term needs of the domestic timber industry as well as to the social requirements of nature conservation. Legal requirements and regulations for sustainable forestry must be implemented.
- Resource-efficient use of wood as a raw material
Even if current wood stocks are marked by environmental influences or insect infestation, the affected wood does not represent an inferior raw material, but has almost identical properties to conventional construction timber. The so-called calamity wood retains its load-bearing capacity and its important function as a CO2 sink, regardless of external impairments.
In principle, from an ecological and climate policy point of view, the material utilization of wood stocks should be preferred to thermal utilization. The potential of the material utilization of wood has not yet been exhausted to any extent. The framework conditions for cascade utilization must be further improved in order to maintain the CO2 storage effects and thus the climate protection effect.
- Promotion of sustainable local supply Networks
For an efficient contribution to climate protection, a direct and regional supply of raw materials is of great importance. A stringent value chain from the forest to the sawmills to the wood processing companies with short supply chains is highly ecological. This achieves the best possible climate protection effect, as long transport routes and thus CO2 emissions are avoided. It also strengthens the small and medium-sized economic structures in the European regions. This includes the establishment of efficient cooperation structures and the formation and promotion of cooperatives. In this way, stable and fair prices as well as reliable availability along the value chain could be achieved.
Signed by the Presidium of Timber Construction Europe
- Peter Aicher, Holzbau Germany- Association of German Master Carpenters
- Hansjörg Steiner, Holzbau Switzerland
- Sigfried Fritz, Timber Construction Austria
- Hubert Gruber, lvh.apa
- Jean Schumacher, Holzbau Luxembourg